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  • 5 Sterne

    3 von 4 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    bibliofreund, 08.02.2021

    „Kim Jiyoung, geboren 1982“ ist ein einzigartiges Plädoyer für die Gleichberechtigung der Frau in Südkorea, welche schon seit Jahrzehnten und gar in unserer modernen Zeit immer noch benachteiligt den Männern gegenüber behandelt wird. Das Leben einer Frau in Südkorea ist leider schon im Voraus zum Scheitern geplant. Die ständige Zweitrangigkeit der sie ausgehängt ist gegenüber der männlichen Personen im Haushalt, sei es bei der vielen Hausarbeit, der schlechteren Arbeitsbedingungen, der Benachteiligung in der Schule, im Studium, im alltäglichen Leben überhaupt sorgen für ein trostloses Sein ohne Sinn und führen unter anderen zu psychischen Problemen, wie wir es hier auch mit der fiktiven Person Kim Jiyoung erleben, die stellvertretend für alle Frauen ihres Landes steht. Die frau geben ihrem Job auf, der sowieso wegen der ungerechten Rollenverteilung schwierig und ohne jegliche Perspektive ist, um sich um ihr Kind zu kümmern und verlieren nach und nach ihre Persönlichkeit. Ein Leben voller Zwang, Erniedrigungen und Unterdrückung.
    Männer werden von all dem verschon und genießen eine elitäre Behandlung. Langfristig kann dies in unseren Zeiten nicht mehr gelten, es müssen Massenproteste arrangiert werden, auch außerhalb des Landes um zu Veränderungen zu führen. Leider ist die Rolle der Frau nicht nur in Südkorea in solch ungerechter Lage, es sind viel zu viele die das Leben der Frauen ausnutzen und sich an ihnen bereichern. Das Leben ist einzigartig und genauso wertvoll für jede Lebensart auf dieser Welt und sollte mit dem gleichen Respekt behandelt werden.
    Das Buch ist ernüchternd und schockierend und, obwohl nicht unbekannt, gehen die beschriebenen Ereignisse unter die Haut. Man glaubt einfach nicht, dass diese Erzählungen sich tagtäglich in Südkorea ereignen das die Protagonistin kein einmaliger Fall ist sondern eine von vielen, gesichtslosen Frauen, die um das Selbstverständliche kämpfen.
    Ein Must Read um die Saat der Veränderung und des Aufstandes zu verbreiten.

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  • 5 Sterne

    3 von 5 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Elke H., 11.02.2021

    „Kim Jiyoung, geboren 1982“ der Autorin Nam-Joo Cho ist zwar vom Umfang her ein schmales Büchlein, aber inhaltlich ein Werk von enormer Brisanz. Die 200 Seiten kommen zwar als Roman daher, sind aber vielmehr als das. Sie sind eine Bestandsaufnahme eines Frauenlebens nicht nur in asiatischen Gesellschaften, aber in diesem speziellen Fall geht es um Südkorea. Verstärkt wird dieser Eindruck durch die in den Roman integrierten kommentierenden Passagen, die anhand offizieller Publikationen die Aussagen der Autorin untermauern. Zusätzlich sind zahlreiche Fußnoten mit Bezug zu den Inhalten zu finden.

    Das Leben von Kim Jiyoung - der Name ist dem vergleichbar, den wir als Jane Doe aus dem englischen Sprachraum kennen - steht stellvertretend für das aller koreanischen Frauen, unterscheidet sich nicht von dem anderer Mädchen, Töchter, Ehefrauen und Mütter des ostasiatischen Landes. Ein Leben im Korsett der tradierten Moralvorstellungen, der männlichen Erwartungshaltungen, der gesellschaftlichen Vorgaben, die allesamt durch strukturellen Sexismus geprägt sind und sich über die Jahrzehnte kaum verändert haben.

    Jiyoung, 33 Jahre alt, verheiratet, seit einem Jahr Mutter, fällt bei einem Familienfest buchstäblich aus der Rolle, nimmt die Persönlichkeit ihrer Mutter an, spricht mit deren Intonation. Sie kann es nicht steuern, und es ist keine, wie ihr späterer Psychiater feststellen wird, dissoziative Persönlichkeitsstörung. Es ist eine psychische Erkrankung, geschieht unbewusst und gibt den Druck und die Diskriminierungen, denen sie ihr gesamtes bisheriges Leben lang ausgesetzt war, auf diese Weise nach außen ab. Ganz gleich, ob in der Familie, der Schule, der Universität oder im Berufsleben, es gibt immer einen Verhaltenskodex, an den sich Frauen aus Sicht der Männer zu halten haben. Und Bildung macht dabei absolut keinen Unterschied. Was bedeutet nun diese Krankheit für Jiyoun? Sie ist „verrückt“, und dies ermöglicht ihr erstmals den Ausstieg aus der Rolle, die ihr die Gesellschaft zugewiesen hat, auch wenn das auf den ersten Blick keine gravierende Veränderung ihrer Lebensumstände bewirkt. Aber die Hoffnung bleibt, dass sich für die nachfolgende Generation das Leben verändern wird.

    Auch wenn dieser Roman in Südkorea verortet ist, zeigt er doch ebenfalls mit dem Finger auf westliche Gesellschaften. Lohndumping, keine Frauen in Führungspositionen, die Verantwortung für Haushalt und Kindererziehung, all das findet sich auch bei uns. Zwar gibt es erste positive Ansätze zur Veränderung, aber noch immer ist viel zu tun. Ein wichtiges Buch, das jede Menge Zündstoff bietet und die Sinne für die Alltagsmisogynie und den systemischen Sexismus sensibilisiert. Lesen!

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  • 5 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Wolkenschloss, 16.03.2021

    Das Cover alleine ist jetzt nicht unbedingt auf den ersten Blick für mich der Anlass gewesen, zu diesem Buch zu greifen, viel mehr die vielen Empfehlungen aus meinem Umfeld. Allerdings finde ich das Cover nach dem Lesen sehr passend und gelungen. Durch das leere Gesicht (keine Augen, Nase, Mund) ist sie austauschbar und so ist nicht nur die Geschichte stellvertretend von allen Frauen, sondern auch das Cover dazu passend. Inhaltlich geht es um Kim Jiyoung, eine koreanische Frau, die verheiratet ist und eine kleine Tochter hat. Ihr Mann stellt mit der Zeit immer mehr Veränderungen an ihr fest und macht sich Sorgen. Er sucht einen Psychiater auf, um seine Frau zu verstehen und der erzählt ihm vom Leben seiner Frau. Von der Geburt, ihrer Kindheit mit einer älteren Schwester und einem jüngeren Bruder, welcher immer bevorzugt wurde, der Schulzeit, der Arbeit, der Ehe und der Tochter.

    Vor dem Lesen hatte ich keine großen Erwartungen an das Buch. Der Klappentext sagt jetzt nicht gerade viel aus, die Inhaltsangaben sind auch eher mau und zudem ist das Buch ganz schön dünn. Doch von den ersten Seiten an, war ich gefesselt von der Geschichte und auch vom Schreibstil, obwohl er objektiv gesehen sehr unrund ist, wenig emotional und im Grunde genau das Gegenteil vom dem, was mich sonst so fesselt. Und doch schafft es die Autorin mich einzufangen und die ganzen 200 Seiten nicht mehr loszulassen. Hautnah ist man beim Lesen dabei, wie die Protagonistin praktisch von Geburt an miterleben muss, wie sie diskriminiert wird. Von der Familie, der Gesellschaft, von eigentlich jedem. Begründet wird die Bevorzugung von Jungen meistens mit Traditionen. Das war halt immer schon so und deswegen bleibt das so. Dass jeder dieselben Chancen verdient hat, spielt in der eingefahrenen Gesellschaft keine Rolle und oft fühlte ich mich beim Lesen um viele Jahrzehnte zurückversetzt. Obwohl Frauen oftmals genauso gute Leistungen oder bessere in der Schule, der Universität oder sogar auf der Arbeit bringen, bekommen sie weniger Geld und Anerkennung. Nicht Berücksichtigung von Beförderungen werden damit begründet, dass sie ja sowieso bald weg sind, um eine Familie zu gründen. Die beschriebenen Ungerechtigkeiten sind dabei keineswegs nur in der koreanischen Gesellschaft ein Problem, sondern durchaus auch bei uns in Deutschland. Insgesamt ein absolut lesenswertes Buch, was in meinen Augen jeder einmal gelesen haben sollte. Das dauert auch echt nicht lange, es ist ja nicht dick.

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  • 4 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Milagro, 14.02.2021

    208 Seiten, die es in sich haben! Ich musste mich an den Stil Nam-Joo Chos gewöhnen, sehr klar, distanziert berichtet sie in diesem Roman aus Jiyoungs Familiengeschichte, reißt die Geschichte der Eltern an und lässt uns an Kindheit und Studienzeit Jiyoungs teilhaben, aber stets nur aus dieser distanzierten Perspektive. Der Roman ist nicht gefällig, nüchtern betrachtet man hier eine durch und durch männerdominierte Welt. Aus hervorragenden Schülerinnen werden schlecht bezahlte Mitarbeiterinnen in untergeordneter Position. Aus Studentinnen werden Frauen, die keine Chance auf eine Anstellung haben. Aus Hochschulabsolventinnen werden Verkäuferinnen mit Mindestlohn und ohne schriftlichen Arbeitsvertrag. Beruf und Familie erscheinen in Südkorea völlig unvereinbar, der Druck der Familie und Kollegen enorm, Frauenfeindlichkeit erscheint als die Regel. Ich hab das Buch mehrfach weggelegt, weil mich die Situation der Protagonistin schlicht überfordert hat, ich konnte es nicht fassen und wurde wütend. In welcher Gesellschaft lebt sie, leben wir. Wer will so leben? Der Stil passt hervorragend zum Buch, das wird aber erst im Verlauf der Geschichte klar, bis dahin versucht man etwas irritiert nachzuvollziehen, mit welchen Herausforderungen Frauen in Südkorea fertig werden müssen. Ganz klare Leseempfehlung!

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  • 4 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    gst, 09.02.2021

    Ein aufrüttelnder Roman aus Südkorea, der vor allem Frauen ansprechen wird, da sich jede auf verschiedene Arten darin wiederfindet. Möge er doch auch vielen Männern in die Hände fallen, damit sie besser verstehen, warum sich Frauen so oft missverstanden und missachtet fühlen.

    Es ist gleichgültig, wo man lebt: als Frau ist das Leben anders. Da können sich Mütter noch so sehr bemühen, Töchter ebenso wie die Söhne zu erziehen und ihnen jegliche Möglichkeit zum Lernen offenzuhalten. Spätestens wenn Kinder kommen und die Entscheidung ansteht, wer sich darum kümmert, beginnen die Einschränkungen.
    Kim Jiyoung fängt als junge Mutter und Hausfrau an, eigenartig zu werden. „Ich habe es hautnah bei meiner Frau miterlebt, wie sie nach und nach auf ihre berufliche Karriere verzichten musste.“ resümiert Jiyoungs Psychiater am Ende des Buches. „Wir haben an derselben Universität Medizin studiert und sind im gleichen Alter. Sie hat bessere Leistungen erzielt als ich und besitzt auch einen ausgeprägten Ehrgeiz. Sie war auf Ophthalmologie spezialisiert und hatte eine Professur inne, bevor sie Stück für Stück auf ihre Karriere verzichtete, indem sie zunächst zu einer angestellten Augenärztin wurde und schließlich ihren Beruf ganz aufgab.“

    Cho Nam-Joo, die südkoranische Autorin, war neun Jahre lang als Drehbuchautorin fürs Fernsehen tätig. In ihrem 2016 geschriebenen Nachwort gibt sie ihrer Hoffnung Ausdruck, dass die Welt, in der ihre Tochter leben wird, besser sein wird „als meine, und dafür kämpfe ich.“

    Dieses Buch, geschrieben wie ein emotionsloser Bericht, erregte beim Lesen mein Gemüt. Denn vieles, was ich hier gelesen habe, kam mir mehr als bekannt vor. Andere Abschnitte dagegen erinnerten an Kampfansagen an die Gesellschaft.
    Aufgeteilt nach Jahren erzählt die Autorin Jiyoungs Geschichte von der jüngsten Kindheit bis ins Erwachsenenalter. Unterstützt von der Mutter hatte sie die Möglichkeit ein Studium abzuschließen. Doch was half ihr das?
    Ungewöhnlich für einen Roman waren die eingeschobenen Fußnoten, die diverse Aussagen mit Quellenangaben untermauerten.

    Fazit: In diesem Buch sind alle negativen Seiten des Frauseins zusammengefasst. Gut, das ist das Thema dieses Romans. Was mir allerdings zu kurz kam, waren die durchaus auch positiven Seiten des weiblichen Lebens. Auch ich musste nach meinem abgeschlossenen Studium wegen meiner drei Kinder die Karriere an den Nagel hängen. Begeisterung rief das bei mir nicht hervor. Aber ich gehöre einer älteren Generation an, die vielleicht noch viel mehr mit sich machen ließ. Irgendwie bewundere ich die Kämpferinnen für ein gleichberechtigteres Leben der Geschlechter. Andererseits frage ich mich, ob es wirklich besser wird, wenn sie irgendwann eine Egalisierung erreichen.

    Auf jeden Fall lohnt es sich, diese Emanzipationsgeschichte zu lesen und sich der Diskussion zu stellen.

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  • 4 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    wusl, 28.03.2021

    Dieses Buch habe ich mir erst besorgt, nachdem die Rezensionen alle so positiv waren und ich in die Leseprobe reinschnuppern konnte.

    Es war für mich aus zwei Gründen interessant. Zum einen wird hier die Gesellschaft Südkoreas in den letzten 30 Jahren gezeichnet. Davon hatte ich bis dahin nur eine oberflächliche Vorstellung und dieses Buch gibt hier einen tiefen Einblick vor allem in die Familienstrukturen. Zum anderen interessierte mich, wie das Thema Frau und Emanzipation bzw. Unterdrückung hier erzählt wird.

    Man könnte sagen, die Autorin erfindet dieses Thema nicht neu aber ich finde es erschreckend, wie ein, auf der einen Seite sehr moderner und technologie-affiner Staat andererseits die Rückständigkeit in Bezug auf die Gleichheit der Geschlechter fördern und beibehalten kann. Das kommt im Roman sehr gut rüber. Dass z.B. Abtreibungen weiblicher Föten erlaubt oder zumindest geduldet ist, kenne ich ja aus anderen Ländern wie Indien, aber es zeigt dramatisch, was hier alles noch im Argen liegt in Südkorea.

    Die Geschichte bekommt aber noch einen ganz eigenen Drive dadurch, dass die Hauptdarstellerin versucht, durch eine dramatische Veränderung ihres Wesens und die Kopie der Verhaltensweisen anderer Frauen, ihre eigenen Probleme zu kompensieren. Diese psychische Auffälligkeit wird hier aber nicht als Krankheit definiert, sondern als seltsame Gegebenheit, die zwar etwas verwirrt beim Lesen, aber durch ihre Ungewöhnlichkeit auch ungewöhnliche Effekte hat.

    Ein sehr lesenswertes Buch, welches mich zu einigen Diskussionen im Bekanntenkreis animiert hat.

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  • 4 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Chattys, 25.02.2021

    Kim Jiyoung, geboren 1982 von Nam-Joo Cho ist ein gesellschaftlich kritischer Roman, die in gewisser Weise mit der Politik des Landes abrechnen. Anhand der jungen Frau Jiyoung erhält der Leser Einblicke in die Ungerechtigkeiten und anderen Sicht- und Handlungsweisen. Auf über 200 Seiten schafft die Autorin eine Atmosphäre, die den Leser erstaunt, verärgert aber auch ratlos zurücklässt. Ich fühlte mich durchgängig gut unterhalten, wenngleich es kein Unterhaltungsroman ist.

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  • 5 Sterne

    4 von 5 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Monika S., 07.02.2021

    Von minjo
    Ich freue mich sehr über diesen Roman aus einer Kultur, die uns in vielem doch sehr fremd ist: (Süd-)Korea. Ein Land, das vor allem durch seine technischen Fortschritte in der westlichen Welt bekannt und angesehen ist, doch über das Leben - vor allem das der Frauen - weiß man eigentlich nicht viel.

    Das Cover des kleinen, schmalen Buches verkörpert das Thema des Buches schon sehr gut: eine gesichtslose Frau vor einer modernen Skyline. Doch schnell entdeckt man zwischen den Buchdeckeln, dass es sich um ein gesellschaftspolitisches Thema handelt und eigentlich die Geschichte unzähliger Frauen - übrigens nicht nur in Korea -, die tagtäglich versuchen, den hohen Erwartungen von Familie und Gesellschaft gerecht zu werden. Mädchen sind in vielen Ländern leider auch heute noch nicht so "wertvoll" und angesehen wie Jungen und das zieht sich durch ihr ganzes Leben. Die meisten fügen sich, manche zerbrechen daran oder werden krank.

    Nach einem kurzen Intro über Kims momentane Lebenssituation und die ersten Anzeichen einer psychischen Erkrankung, beginnt die eigentliche Geschichte bei ihren Eltern und Kims frühe Kindheit: Sie ist die zweitgeborene Tochter und wie schon ihre älteren Schwester hätte auch sie ein Junge werden sollen. Unfassbar, dass ihre Mutter sich sogar bei ihrer Schwiegermutter dafür entschuldigt, wieder "nur" ein Mädchen geboren zu haben. Als sie wieder schwanger wird, ist der familiäre und gesellschaftliche Druck so groß, dass sie das Baby heimlich abtreiben lässt, als sie von ihrer Frauenärztin erfährt, dass sie wieder ein Mädchen erwartet. Mit dieser Entscheidung steht sie ganz alleine da und es bricht ihr fast das Herz. Geschlechterbestimmung und Abtreibung weiblicher Föten war gesellschaftlich absolut akzeptiert! Ein paar Jahre später bekommt sie doch noch den ersehnten Sohn und dieser wird wie alle Jungen mit dem goldenen Löffel großgezogen und nach Strich und Faden verwöhnt. Die strikte Rollenverteilung ist schon in der Grundschule und in der weiteren Schulausbildung ein großes Thema. Unter großen Mühen schafft es Kims Familie, sowohl ihrer Schwester als auch ihr ein Studium zu ermöglichen. Als sie beginnt, sich zu bewerben, merkt sie schnell, wie schwer es ist, als Frau einen Job zu ergattern. Schließlich hat sie Glück und bekommt einen Job in der Marketingabteilung eines mittelständischen Unternehmens. Doch die Arbeitswelt ist extrem hart in Korea. Es gibt dazu auch offizielle Statistiken, wobei Korea als "The worst place to be a working woman" gilt. Extrem lange Arbeitszeiten, sogar am Wochenende, und kaum Perspektiven, jemals befördert zu werden, denn "Frauen heiraten ja sowieso und bekommen Kinder und sind deshalb langfristig für die Unternehmen unrentabel. Deshalb bekommen sie dieunangenehmsten Aufgaben und schwierigen Kunden, währenddessen die jungen Männer 'geschont' werden, weil sie ja langfristig noch gute und langjährige Arbeit leisten sollen." Schließlich befindet sich auch Kim vor der Entscheidung: Kind ja oder nein? Eigentlich möchte sie ihren Job, für den sie so lange studiert und so hart gekämpft hat, nicht aufgeben. Doch von der Familie und ihrem Mann wird sie mehr oder weniger überredet und gibt letztendlich ihren Job sogar auf, um sich um ihr Kind kümmern zu können. Doch diese neue Aufgabe macht sie nicht wirklich glücklich und als sie öffentlich sogar - wie übrigens viele andere junge Mütter, die den Job aufgegeben haben, um sich um ihr Kind zu kümmern - als "Sch-mama-rotzerin" bezeichnet wird, ist das der berühmte Tropfen, der bei Kim das Fass zum überlaufen bringt ...

    Der Schreibstil der Autorin ist klar und prägnant. Nüchtern wird von Kim Jiyoung's Kindheit, ihrer Familie und ihrer jetztigen Lebenssituation berichtet. Doch gerade durch diese Nüchternheit - ihre Geschichte wird von ihrem Therapeuten erzählt - ging mir die Geschichte Kims umso mehr unter die Haut! Sie steht stellvertretend für das Schicksal vieler Frauen und man kann nur hoffen, dass in Korea irgendwann ein Umdenken stattfindet und das Arbeitsleben der Frauen auch nach der Geburt eines Kindes noch eine Perspektive hat. Doch solange die überwiegende Zahl der Männer, die in der Arbeitswelt nach wie vor das Sagen haben, an ihren Traditionen und Denkweisen festhalten, wird dieser Prozess noch sehr lange dauern. Der letzten Absatze des Buches zeigen dies nur allzu deutlich: Kims Therapeut versteht einerseits ihre Situation, da seine eigene Frau in einer ganz ähnlichen Situation gefangen ist, doch in seiner eigenen Praxis ist er nicht bereit, etwas zu ändern: "Selbst die fähigste Mitarbeiterin kann dem Unternehmen in vielerlei Hinsicht zur Last fallen, wenn sie das Problem der Kinderbetreuung nicht zufriedenstellend lösen kann. Ich werde also darauf achten müssen, eine unverheiratete Frau einzustellen"
    Da sind wohl noch viele weitere Massenproteste nötig, bis sich wirklich etwas ändern kann...

    Ich fand diesen Roman sehr aufschlussreich und berührend, da er eben nicht nur eine fiktive Geschichte ist, sondern auf Fakten beruht. Deshalb kann ich das Buch jedem empfehlen, der gerne wirklich etwas über andere Länder und Lebensweisen erfahren möchte.

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  • 5 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Michael B., 10.02.2021

    Ein Lese-Muss!!!
    Welch bedeutsames Büchlein! Eine Pflichtlektüre für die Männer dieser Welt und eine Bestärkung für die Frauen dieser Welt, ihren Weg weiterhin konsequent fortzuführen; bis sich dann eines Tages endlich Frau und Mann auf Augenhöhe begegnen können. Die Geschichte ist eigentlich recht einfach erzählt: Wir dürfen teilhaben an der Lebensgeschichte der Südkoreanerin Kim Jiyoung, geboren 1982. In der Erzählebene der Gegenwart ist sie eine verheiratete Mutter, die - obwohl sie studiert hat - lediglich 'dazuverdient', um der Familie ein Auskommen zu ermöglichen. Ihr Mann beobachtet in letzter Zeit seltsame Veränderungen bei Kim - sie spricht aus der Perspektive anderer Frauen...
    Sie kommen überein, dass Kim einen Psychiater aufsucht, um sich einer Behandlung zu unterziehen. Der Bericht des Psychiaters bildet den Kern des Buches - es wird die Geschichte von Kim erzählt; über die Familie, die Schulzeit, das Verhältnis von Jungen und Mädchen, über die Zeit des Studiums und die Versuche in einer männerdominierten Welt einen ausbildungsentsprechenden Beruf zu erlangen, über männliches Machgebaren und sexuelle Übergriffigkeit; bis hin zur aktuellen Phase in Kims Leben, in der sie ihren Mann kennengelernt und eine Tochter zur Welt gebracht hat.
    Gerade die Form des fast schon kühl-distanzierten Berichts macht auf subtile Weise deutlich, wie groß das Ausmaß der Geschlechterungerechtigkeit (immer noch!) ist; wie stark der Druck sozialer Erwartungen auf Kims Psyche einwirkt und sie an sich selbst zweifeln lässt; wie sie mit übergroßer Anstrengung versucht, sich einen Platz im Leben zu erarbeiten, der eben nicht nur die Rolle einer ewig dienenden, sich für Mann und Familie aufopfernden, sich selbst beständig zurückstellenden Frau ist. Und die weltweite Resonanz des Buches verdeutlicht in unübersehbarer Weise, dass es zu einfach wäre, lediglich zu behaupten, dass die dargestellte Problematik ja schließlich nur den koreanischen Kulturraum beschreibe...
    Als männlichem Leser, der von sich glaubt, mit seinen Überzeugungen an der Seite der Frauen zu stehen, überfiel mich zuweilen ein Gefühl von Scham für mein Geschlecht. Also bitte dieses Buch lesen!
    Ein kleiner Punktabzug in der B-Note: In einigen Abschnitten wird die reine Erzählebene aufgelöst und es sind fachbuchartige Aussagen und Statistiken zu Geschlechterungerechtigkeit eingefügt - das hätte man besser im Anhang platziert. Aber vielleicht ist diese kleine Kritik nur Ausdruck meines Männerhirns, welches um seine Überlegenheit fürchtet, wenn es eigentlich rückhaltslos sagen müsste: Ausgezeichnetes Buch!!!

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  • 5 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Nil_liest, 15.03.2021

    Südkorea – Rekordtiefstand der Geburtenrate in 2018 mit 0,98 Kindern pro Frau

    Nachdem man diesen Roman gelesen hat, wundert einen das bei weitem nicht mehr. Wer will sich schon auf eine Ehe einlassen, in der Frau nur Nachteile hat, wenn sie sich dann auch noch darauf einläassr Kinder zu bekommen! Natürlich wie immer und mit allem im Leben – es gibt sicher auch in Südkorea Ausnahmen an Vorzeigemännern. Aber die scheinen in der Tat sehr rar zu sein.
    „Schicht für Schicht legte sich die Enttäuschung auf ihre Beziehung wie Staub auf den Kühlschrank oder das Badezimmerregal, für jeden erkennbar, aber unangetastet.“ (Seite 139)
    Cho Nam-Joo veröffentlichte diesen Roman „Kim Jiyoung, geboren 1982“ 2016 in Südkorea. Der Roman wurde ein Megaseller in Südkorea und ist mittlerweile ein Weltbestseller. Im Land hat dieses Buch sicherlich aufgewühlt und aufgeweckt was viele Frauen bisher nur dachten und nicht in Worte fassen konnte, obwohl es ihnen Tag für Tag im Alltag begegnete: die Ungleichbehandlung.
    „Manche Menschen schaffen es, andere zu beleidigen, und halten sich dabei vor lauter Gedankenlosigkeit auch noch für rücksichtsvoll.“ (S. 115)
    Die Autorin schöpft aus ihren eigenen zutiefst negativen Erfahrungen und erschüttert uns mit diesem sachlichen Roman über eine Frau die exemplarisch und stellvertretend für alle Koreanerinnen steht: Von der Wiege (1982) bis zur eigenen Mutterschaft (2015) begleiten wir sie. Erst als Enttäuschung, weil es ein Mädchen ist, dann als Schülerin und Studentin, die härter arbeiten muss als ihre männlichen Mitstreiter und dann in der Arbeitswelt, wo sie mit sexueller Belästigung und einem massiven pay gap zu kämpfen hat. Und zu guter Letzt als Hausfrau und Mutter, weil es angeblich nicht anders geht.
    Dieses Buch beschäftigt einen auch wenn man Lesepausen einlegt, es arbeitet weiter im Kopf und macht einen ohnmächtig wütend über diese traditionell verhafteten Strukturen. Dieses Buch regt zum Nachdenken, zum Debattieren, zum Diskurs ein und auch, wenn wir meinen in Europa schon einen langen Weg der Emanzipation gegangen zu sein, was ist mit den unzähligen anderen Ländern und Kontinenten, die noch einen langen Weg vor sich haben?
    Fazit: Exemplarisch nüchtern anhand einer Frau erzählt, aber eine Anklage an die gesamte Struktur der Gesellschaft!

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    Charlie F., 19.02.2021

    Nam-Joo Cho hat in ihrer nüchternen, zurückgesetzten Erzählung auf das Leben einer fiktiven Figur zurückgegriffen, die für Millionen Frauen weltweit stehen könnte. In einem hohen Tempo greift sie alle Lebensereignisse von Geburt, über Schule und Universität bis hin zum Familienleben auf. Wer große Gefühle oder genaue Beschreibungen erwartet, ist falsch, denn es handelt sich nicht um einen Roman. Manchmal wirkte Chos Werk wie die Aneinanderreihung diverser Zeitungsartikel, die mein Leben begleitet haben. Sei es in etwa Kims Mutter, die das dritte Kind abtreibt, da es wieder ein Mädchen wird, obwohl sie das gar nicht will (in Südkorea gab es Geburtenkontrolle). Dass weibliche Familienmitglieder auf alles zugunsten der männlichen verzichten und nur für deren Vorankommen arbeiten. Dass Mädchen schon früh Belästigungen auch und gerade in der Schule über sich ergehen lassen müssen und so kein Vertrauen zu Männern aufbauen können. Dass sie hart arbeiten, gut gebildet sind, aber dennoch im Job nicht vorankommen. Oder sogar aggressiv auf ihr Geschlecht verdammt werden, wenn z. B. jemand in der Toilette eine Kamera installiert und heimlich mitfilmt – und wie (männliche) Vorgesetzte mit so einer Situation umgehen.
    Das alles ist von der Autorin mit Fußnoten belegt worden. Es handelt sich ausnehmend um reale Fälle, die hier von der Autorin für eine Figur zusammengefasst wurden. Dass es trotzdem so glaubhaft wirkt, ist das Erschreckende daran.
    Es liest sich manchmal ein wenig trocken und vielleicht wäre es ratsam, sich schon einmal grob mit der Gesamtthematik auseinandergesetzt zu haben. Ob Neulingen oft klar ist, was genau das alles für eine Frau in einer zumindest ähnlichen Position bedeutet, kann nur vermutet werden. Das ist auch ein kleines Manko des Buches, denn Nam-Joo Cho liefert keine Erklärungen, keine großen Gefühle. Leider auch keine Lösungsvorschläge. Aber sie sensibilisiert für ein ungemein wichtiges, gesellschaftliches Thema. Kim Jiyoung heißt die junge Frau in Südkorea. Und wie heißt sie in Deutschland? Italien? Frankreich?

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    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Jenny V., 11.02.2021

    „Es gibt viele Menschen, die die Augen vor der Tatsache verschließen, dass Dinge wie Wirtschaftsflaute, hohe Preise, ein schlechter Arbeitsmarkt oder persönliche Lebensnöte Mann und Frau gleichermaßen treffen.“

    Inhalt

    Für Chong Daehyon ist es erschreckend, dass seine Frau nach der Geburt des ersten gemeinsamen Kindes ernstlich an einer Depression erkrankt und in bestimmten Momenten ihre Stimme und den Charakter ändert, um stellvertretend für andere zu sprechen. Er geht mit ihr zu einem Therapeuten, der die Ursachen dieser Veränderung herausfinden soll, doch der ist sich ziemlich sicher, dass es für Kim Jiyoung keine Medikamente gibt, denn was die junge Frau durchlebt, hat er selbst an seiner eigenen Frau wahrgenommen und die Gründe sind kein festgeschriebenes Krankheitsbild, sondern die akute Verzweiflung der Frauen immerzu zwischen allen Stühlen zu sitzen und egal welche Entscheidung sie treffen, es ist niemals die richtige. Sie sind gebildet, sie sind höflich und zuvorkommend, sie sind engagiert in ihrem Beruf und ganz bewusst Mutter geworden, doch die Rolle, die sie für die Gesellschaft spielen gesteht ihnen keinen Platz zu und orientiert sich an übernommenen Denkmustern und fehlender Bereitschaft, Frauen als einen wesentlichen Bestandteil der Welt wahrzunehmen …

    Meinung

    Die junge koreanische Autorin Cho Nam-Joo hat mit diesem Roman ein Statement abgegeben, dem man mit zunehmender Begeisterung folgen kann, weil ihre Gesellschaftskritik weder anmaßend, noch schockierend, noch unbedeutsam erscheint, sondern sich an schlichten, unabwendbaren Fakten orientiert, die sie mittels Quellentexten direkt in die Geschichte einbaut. Sie selbst hat es so erlebt, ebenso wie tausende andere. Im Nachwort gibt sie in einem schlichten Satz wieder, was es eigentlich mit diesem Stück zeitgenössischer Literatur auf sich hat: „Die ganze Zeit über, in der ich diesen Roman schrieb, hatte ich Mitleid mit ihr und war bedrückt. Doch ich weiß, dass sie genauso aufgewachsen ist und keinen anderen Weg gewusst hat.“ Und der Erfolg des Buches, welches sich weltweit schon über zwei Millionen mal verkaufte und mittlerweile erfolgreich verfilmt wurde gibt ihr jene Stimme, die ihre Protagonistin so gerne hätte, ein Wort welches nicht nur eine leere Phrase ist, sondern wirklich Veränderungen herbeizuführen vermag.

    Der Schreibstil des Buches ist eher distanziert, man spürt die Emotionen weniger direkt als vielmehr unterschwellig im Verhalten der Akteure. Dieser Abstand zwischen den tatsächlichen Gefühlen wie Wut, Scham, Verletzlichkeit, Unverständnis und Anpassung wird aber gerade durch diese sachliche Intonation sehr generalistisch und präsent. Denn die Autorin führt sehr langsam und Schritt für Schritt an diese geballten Vorwürfe heran, die sie eigentlich nicht als solche entlarvt und die dennoch genau das sind: Vorwürfe, warum es auch in der Gegenwart nicht möglich ist, als Frau freie Entscheidungen zu treffen. Dabei klagt sie nicht nur eine Person an, sondern de facto das Zusammenspiel aller Faktoren, welches sich möglicherweise durch Erziehung und Konsequenz ergibt.

    Sie geht auch zurück in die Generation der Mütter und Großmütter, die sich bei der Geburt eines Mädchens schon schlecht fühlten und später sogar zu Abtreibungen angehalten wurden, damit dem Land um Himmels Willen keine männlichen Nachkommen vorenthalten werden. Sie thematisiert das stigmatisierte Heranwachsen der Mädchen, die schon als kleine Kinder all jene Fähigkeiten beigebracht bekommen, die sie später als gute Frau und Mutter beherrschen müssen. Sie macht ebenso deutlich, dass sich die Bildungschancen zwar für beide Geschlechter gebessert haben, aber Geld und Einfluss eine große Rolle spielen, wer, wann, welchen Posten oder welche Ausbildung bekommt. Spätestens wenn die Frauen sich für eine eigene Familie entscheiden, ist ihr berufliches Fortkommen ad acta gelegt, denn die Männer in der Gesellschaft wollen keine arbeitenden Mütter und staatliche Unterstützung bleibt aus, ganz im Gegenteil, sie ist entweder nicht bezahlbar oder nicht lohnenswert, und wenn die Frau dennoch arbeiten möchte, lassen sich weder die Zeiten noch das geringe Einkommen damit vereinbaren. Warum sollte denn eine Mutter arbeiten gehen, wenn doch der Mann der Versorger ist?

    Fazit

    Ich vergebe sehr gute 4,5 Lesesterne für diesen fiktiven Roman, der so viele Wahrheiten auf wenigen Zeilen hervorzuheben vermag. Der Wert einer Frau, ihr Wirken in der Welt, ihr tatsächlicher Einfluss außerhalb der Familie – all das wird auf bedrückende Art und Weise vermittelt.

    Die Geschichte selbst umspielt eine gewisse Zeitlosigkeit, eine Einfachheit, die jeder irgendwo kennt und in mehr oder weniger hohem Maße bestätigen kann. Dadurch wird der Text universell und eignet sich für fast jeden Leser, egal ob für die Verfechter der Frauenrechte oder für Männer, die die Sorgen und Nöte der eigenen Frau nicht verstehen, wenn diese plötzlich Mutter geworden ist. Möglicherweise wird so ein Roman in entsprechenden Kulturen, die eher rückschrittlich orientiert sind, noch mehr Aufruhr verursachen, denn in vielen kleinen Nebensätzen ergießt sich das ganze Ausmaß der Kritik, die hier schön sachlich und wohldosiert verpackt wird.

    Schade nur, dass ich den direkten Bezug zu den Personen vermisst habe– dadurch das es eine so universelle Geschichte ist, fehlt ihr eine für mich nennenswerte Individualität. Deshalb ziehe ich ein halbes Sternchen ab, verbunden mit der Bitte, dass sich möglichst viele Leser an die Lektüre wagen und ihre eigenen Schlüsse daraus ziehen.

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  • 5 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Miss.mesmerized, 11.02.2021

    Nach der Geburt ihrer Tochter und, aus Mangel an Betreuungsmöglichkeit, der Aufgabe ihres Berufs ist Kim Jiyoung etwas verloren. Die postnatale Depression wirft sie schließlich ganz aus der Bahn. Ihre Psyche schlüpft in den Charakter von Menschen in ihrem Umfeld, ihre eigene Persönlichkeit verschwindet dahinter. Ein Psychologe ergründet die Ursache und blickt dabei auf das typische Leben koreanischer Frauen. Schon vor der Geburt beginnt der Wettlauf mit dem anderen Geschlecht. Sollten sie überhaupt die Geburt erleben, erwartet sie ein Leben in zweiter Reihe.

    Nam-joo Chos Roman ist ein globales Phänomen, das einen sehr speziellen Beitrag zur Feminismusdebatte und einen Einblick in eine aus westlicher Welt sehr befremdliche Gesellschaft liefert. Zwar ist die Geschichte als Roman angelegt, zahlreiche Fakten untermauern jedoch die Schilderungen.

    Man kann vor Entsetzen nur staunen über die Ungerechtigkeit, die mit Tradition begründet und immer weiter verfestigt wird. Bei den Kindern schon werden die Jungen bevorzugt: erhalten die besseren Zimmer, mehr Essen und Bildung, die ihnen die Schwestern finanzieren müssen, auch wenn diese intelligenter sind. In der Schule genießen sie mehr Freiheiten, die Mädchen erleben frühzeitig schon sexuelle Grenzüberschreitungen, die jedoch abgetan werden – sie gehören halt einfach dazu. Auch im Alltag erlebt Jiyoung zahlreiche Übergriffe, wobei man ihr dafür meist die Schuld zuschreibt, was muss sie auch abends noch draußen rumlaufen oder einen Rock tragen?

    Auch der Start ins Berufsleben ist beschwerlich, die Universitäten unterstützen nur die männlichen Studierenden bei der Jobsuche und Frauen werden auf Einstiegspositionen nicht nur schlechter bezahlt, sondern wiederum schlechter behandelt und wie Freiwild behandelt. Peinliche Situationen wechseln sich mit Demütigungen ab, aber nur wenige stellen sich dagegen; der Kampf für mehr Gerechtigkeit ist hart und beschwerlich und endet in der Regel dann doch mit der Resignation der Frauen. Spätestens mit der Frage nach der Familiengründung - genauestens beäugt von den Familien, die für sich das natürliche recht der Einmischung beanspruchen - ist unweigerlich der Abschied angesagt. Infrastruktur und Verständnis für arbeitende Mütter sind nicht vorhanden.

    Man fühlt sich nicht um Jahrzehnte, sondern um Jahrhunderte zurückversetzt. Gleichberechtigung ist eine Fehlanzeige und selbst junge Männer mit progressiver Haltung fallen doch immer wieder in klassische Muster zurück oder merken gar nicht, dass ihr vermeintliches Entgegenkommen unter der Oberfläche ebenso diskriminierend ist wie das Verhalten der vorherigen Generationen.

    Ein bemerkenswertes Buch, das nicht so sehr durch sprachliche Finesse oder Figurenentwicklung, sondern durch die Darstellung der koreanischen Gesellschaft beeindruckt. Dass Frauen weniger berufliche Chancen haben, trotz besser Leistungen in Schule und Universität, ist dabei nicht so sehr verwunderlich, das verhält sich ja bei uns nicht grundlegend anders, es ist viel mehr die Grundhaltung, die in der nicht nur patriarchalen, sondern offen misogynen Gesellschaft als völlig normal angesehen wird.

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  • 5 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Feliz, 10.02.2021

    Ich finde das Cover unglaublich gelungen. Zunächst gefiel mir die Gestaltung einzig wegen der leuchtenden Farben und der fast schon plastischen Aufmachung. Nachdem ich das Buch gelesen habe, fand ich aber auch die Botschaft hinter dem Cover sehr passend gewählt. Dadurch, dass der Name und das Geburtsjahr über dem Gesicht der dargestellten Figur positioniert ist, wirkt die Protagonistin austauschbar und als Stellvertreterin für alle Frauen Koreas, vielleicht sogar für alle weltweit stehen kann.

    Die Story des Buches an sich klang erstmal nicht besonders spektakulär: Kim Jiyoung führt ein ganz normales Leben in der südkoreanischen Hauptstadt Seoul. Sie hat gerade erst ihren Job in einer Marketingfirma aufgegeben, um sich um ihre kleine Tochter zu kümmern, während ihr Mann weiterhin von morgens bis in die Nacht hinein für eine IT-Firma arbeitet. In der letzten Zeit nimmt ihr Mann allerdings eine Veränderung an ihr wahr, immer häufiger scheint sie in die Rollen anderer Menschen zu schlüpfen und stellt ihn dadurch auch vor seiner Familie bloß. Daraufhin sucht der verzweifelte Ehemann einen Psychiater auf, der nun auch die Geschichte Kim Jiyoungs erzählt. Er beginnt mit ihrer Kindheit, in der sie und ihre ältere Schwester immer wieder hinter ihrem jüngeren Bruder zurückstecken müssen, erstreckt sich über die Schulzeit, in der Lehrer die Mädchen immer wieder darauf hinweisen, wie ‚vernünftige‘ Schulkleidung auszusehen hat bis hin zu ihrer Arbeit, in der Männern immer wieder die besseren Projekte zugeteilt werden. Nach der Geburt ihrer Tochter wird zudem erwartet, dass sie ihren Job aufgibt und sich ganz dem Haushalt widmet, sodass sie nun trotz guter Ausbildung ihre Zeit vor allem mit ihrer kleinen Tochter verbringt.

    Der Schreibstil gefällt mir ausgesprochen gut, obwohl er so ganz anders ist als das, was ich sonst mag. Ich bin normalerweise ein großer Fan von einem poetischen, leichten Schreibstil, der einen zwar durch die Seiten fliegen lässt, aber gleichzeitig auch einen großen Eindruck hinterlässt. Hier ist es eher so, dass der Schreibstil hinter die Geschichte zurücktritt, was für die Message des Buches perfekt ist. Da die Geschichte nicht aus der Sicht von Kim Jiyoung erzählt wird, sondern von ihrem Psychiater, ist der eher nüchterne, fast schon klinische Blick auf ihr Leben perfekt. Es sorgt dennoch nicht dafür, dass man durch das Buch stolpert, sondern vielmehr fliegt man durch die einzelnen Szenen, fast schon ein bisschen atemlos.

    Ich weiß nicht, was ich von de Buch erwartet habe und vielleicht hat es mich gerade deswegen so überzeugt, weil ich mir vorher keine genaueren Vorstellungen gemacht habe. Zwar kommt man den dargestellten Figuren durch die distanzierte Erzählweise emotional nicht besonders nahe, das ändert aber nichts daran, dass man Kim Jiyoungs Leben dennoch zumeist mit Interesse, aber auch mit sehr viel Wut und fast schon Hilflosigkeit verfolgt. Schließlich liegt der Fokus dieses Buches auf der Ungerechtigkeit zwischen Männern und Frauen in Südkorea. Dieses zeigt sich schon in der frühesten Kindheit der Protagonistin, in der sie und ihre ältere Schwester sich häufig Reste teilen müssen, während der Bruder immer zuerst etwas vom Essen oder neuen Sachen erhält. Die Mädchen sehen an diesem Umstand allerdings nichts Verwerfliches, sondern nehmen es vor allem in der Kindheit ohne es zu hinterfragen hin und akzeptieren es. Wenn Jiyoungs ältere Schwester dann doch einmal rebelliert, akzeptiert deren Mutter das dann sogar und versucht eine Lösung zu finde ohne dass sich aber letztlich etwas ändert. Diese ist eigentlich Hausfrau, durch ihren intelligenten Umgang mit dem Geld der Familie und durch harte Arbeit ist sie es allerdings die dafür sorgt, dass es allen drei Kindern möglich ist, zu studieren. Auch der Vater der Familie ist kein aufbrausender Tyrann oder Patriarch, sondern ein durchaus sympathischer Mann, der allerdings ebenso wie alle anderen Mitglieder der Familie immer wieder in die Muster der Gesellschaft zurückfällt.

    Auch später ändert sich nichts für Kim Jiyoung und die anderen Frauen in ihrem Umfeld, egal wie hart sie arbeiten und wie gut ihre Noten in der Uni waren, immer werden ihnen Männer vorgezogen, gerne mit dem Grund, dass die Frauen ja eh bald nicht mehr zur Verfügung stehen würden, wenn sie denn erst eine Familie gegründet hätte. Viele der beschriebenen Szenen kennt man als Frau auch aus seinem eigenen Alltag und sind keinesfalls exemplarisch für die koreanische Gesellschaft, auch wenn dort die Ungleichheiten noch viel größer sind als in europäischen Ländern. Auch die Tatsache, dass selbst ‚gute Männer‘, die es eigentlich besser wissen müsste und so gut wie alle Frauen des Buches immer wieder in die alten Muster der patriarchalischen Gesellschaft zurückfallen, hat besonders zum Ende hin wirklich wütend gemacht, sorgt gleichzeitig allerdings auch dafür, dass mir das Buch lange im Gedächtnis bleiben wird.

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  • 5 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Webervogel, 22.03.2021

    Ausweglos

    Die Südkoreanerin Kim Jiyoung ist verheiratet und Mutter einer kleinen Tochter, als sie 2015 plötzlich schizophrene Schübe erleidet. Sie schlüpft gegenüber ihrem Mann in die Rolle ihrer Mutter, ihres Kindes oder einer Freundin und artikuliert deren Bedürfnisse, als wären es ihre. Danach kann sie sich an nichts erinnern. Im Folgenden arbeitet ein Psychiater Jiyoungs Lebensgeschichte auf, die in diesem Buch erzählt wird.

    Der Ton des Romans ist dann auch sachlich berichtend und hat mich gerade dadurch berührt. Hier wird nicht erklärt oder bewertet, sondern ein durchschnittliches Frauenleben beschrieben. Für Jiyoungs Familie beginnt es bereits mit einer Enttäuschung, hatte diese doch auf einen Sohn gehofft. Werden Jiyoung und ihre ältere Schwester dennoch von ihren Eltern geliebt? Nichts spricht dagegen. Aber sie sind eben „nur“ Mädchen. Mädchen, die in einer erschreckend patriarchalischen Gesellschaft von Beginn an systematisch diskriminiert werden. Und die dennoch viel mehr Möglichkeiten und Freiheiten haben als ihre Mütter und Großmütter und dadurch in einem seltsamen Spannungsfeld aufwachsen.

    Ungewöhnlich wird die Geschichte dadurch, dass Jiyoung eben nicht die rebellierende Heldin ist, über die normalerweise Romane geschrieben werden. Schon auf dem Cover ist sie gesichtsloser Durchschnitt. Jiyoung akzeptiert die Sonderstellung des kleinen Bruders. Sie geht nicht auf die Barrikaden, weil Mädchen keine Klassensprecherinnen werden können. Sie wird nicht wütend, wenn man ihr Schuldgefühle einredet, weil Jungen sie belästigen. Kurz gesagt ist sie so, wie die Gesellschaft sie haben möchte: folgsam, angepasst, diszipliniert und strebsam. Jiyoung ist von klein auf bewusst, dass sie besser sein muss als ihre männlichen Altersgenossen. Doch sie erfährt auch immer wieder, dass selbst das nicht reicht, um annähernd gleiche Chancen zu bekommen: in der Schule, im Studium, im Job.

    Autorin Cho Nam-Joo unterfüttert ihren Roman ab und an mit Fußnoten, in denen sie genannte Zahlen belegt, z.B. zu Abtreibungen oder zum Gender-Pay-Gap. Die lakonische Erzählung bekommt dadurch noch mehr Gewicht. Die männlichen Nebenfiguren bleiben blass in diesem Roman, Protagonistin Jiyoung ist es jedoch auch – auf eine erschütternde Weise. Sie ist nicht die sanfte Lenkerin ihres Mannes, wie ihre Mutter. Sie begehrt nicht auf, wie ihre Schwester. Sie erfüllt die Erwartungen, wie sie es von Kindesbeinen an gelernt hat. Und führt den Lesenden vor Augen, was sie davon hat: nicht das Leben, das sie wollte.
    Die Situation in Südkorea ist speziell, Jiyoungs Geschichte jedoch trotzdem universell – einzelne Aspekte ihres Lebens werden überall nachvollzogen werden können. Und so entwickelt dieser emotionslos und kompakt erzählte Roman einen ganz eigenen, traurigen Nachhall und rüttelt gerade dadurch auf.

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  • 5 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    skandinavischbook, 28.02.2021

    Meine Meinung:
    Es gibt selten Schriftstellerinnen, die ich für ihren geschaffenen Roman wirklich bewundere und sagen muss, dass sie damit ein überaus wichtiges Werk geschaffen haben, doch dieser koreanischen Schriftstellerin ist dies mit diesem Roman definitiv gelungen.
    Ein herausragendes, wichtiges und bemerkenswertes Buch!


    Bereits nach wenigen Seiten, stellte sich das schriftstellerische Können der Autorin ein und zog mich sofort in seinen Bann. Sowohl der kernige und ohne Umschweife erzählte Schreibstil, der dennoch auf so vielen Ebenen zu funktionieren weiß und der den Interpretationsspielraum des Lesers, bis in die Tiefe weckt ohne zu viel zu erzählen, ließ mich innerlich den Hut ziehen.

    Wie furchtloch ohne Scheu und ohne jegliche Tabus, erzählt die Autorin einen Charakter , der polarisiert, der kein Blatt vor den Mund nimmt und so stark erzählt ist, dass dieser zu einem Paradebeispiel in der Literatur wird, für was ?
    Für Authentizität, Mut, Eigensinn und absoluten Tiefgang.
    Sie erschafft einen Charakter, der ebenso geheimnisvoll erzählt ist, der einem in vielen Facetten unangepasste Stärke Mut und Eigensinn vermitttelt, einer Charakterentwicklung, die den Leser den Hut ziehen lässt.


    Kim Jiyoung ist kein Stereotyp, der sich dem Leser auf den ersten Seiten voll und ganz erschließt, sondern sie ist vielschichtig, eigen und verschnörkelt komplex und dabei so unangepasst authentisch, dass sie zu einer perfekten Protagonistin, eines parabelhaften Romans wird. Sie macht auf die Anforderungen und klischeehaften Denkweisen Frauen gegenüber aufmerksam ein Leben nach gesellschaftlichen Plan zu leben aufmerksam und dies auf eine starke so bemerkenswerte Weise!

    Eines Romans, der aufzeigt, wie uns die Eitelkeit und Oberflächlichkeit der Gesellschaft in eine erschreckend vorbestimmte Lebensweise und Erwartung führen können, aus der wir die Möglichkeiten ersuchen, um uns selbst frei sein und lassen zu können.

    Mein Fazit:
    Ein grandioser, polarisierender Roman, der einiges zu sagen hat.
    Für mich ein großes Stück, bedeutender Literatur:

    Einfach großartig!

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  • 5 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Xirxe, 04.03.2021 bei bewertet

    Kim JiYoung ist eine junge Frau in Seoul, studiert, glücklich verheiratet und Mutter eines kleinen Mädchens – eigentlich ein perfektes Leben. Eigentlich … Denn plötzlich verwandelt sie sich im Beisein ihres Mannes in andere Personen: ihre Mutter, eine frühere Freundin, immer Frauen aus ihrem näheren Umfeld.

    Cho Nam-Joo erzählt sachlich und neutral die Lebensgeschichte JiYoungs, die sich vermutlich nur wenig von der anderer Südkoreanerinnen unterscheidet. Im Vergleich zur Generation ihrer Mutter eher modern aufgewachsen, muss sie nach Schule und abgeschlossenem Studium feststellen, dass die Begünstigungen ihrer Studienkollegen im Arbeitsleben noch wesentlich größer sind als zuvor, obwohl deren Abschlüsse deutlich schlechter sind. Und auch im Alltag muss sie immer wieder realisieren und selbst erfahren, wie respektlos Männer mit Frauen umgehen und auf sie herabschauen.

    Die Geschichte ist ein einziges Trauerspiel, das nüchtern aufzeigt (zeitweilig wie ein Sachbuch), wie immens die Benachteiligung von Frauen noch immer ist. Auch wenn Südkorea wirtschaftlich betrachtet ein fortschrittliches Land sein mag, gesellschaftspolitisch scheint es sich in der Steinzeit zu befinden. Doch es wäre unbillig, alleine Südkorea an den Pranger zu stellen. Denn Kim JiYoungs Erlebnisse sind universal – ich wette: Jede Frau wird sich in diesem Buch wiederfinden; die eine mehr, die andere weniger, aber alle haben ihre Erfahrungen gemacht mit Benachteiligungen, Feindlichkeiten und Respektlosigkeiten ihresgleichen gegenüber.

    Auch wenn Viele das Wort Emanzipation nicht mehr hören können oder wollen: Dieses Buch macht überdeutlich, dass es noch ein weiter Weg ist, und zwar auf der ganzen Welt, bis wir tatsächlich von Gleichberechtigung zwischen Frau und Mann reden können.

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  • 5 Sterne

    Wanderer of words, 07.08.2022

    Cho Nam-Joo erzählt in ihrem Buch die Lebensgeschichte einer vollkommen durchschnittlichen südkoreanischen Frau und thematisiert dabei die grundlegende Benachteiligung von Frauen in Südkorea. Die Erlebnisse ihrer Protagonistin Jiyoung sind distanziert und eher sachlich erzählt, an einigen Stellen berichtet die Autorin aus Statistiken, es ist ein Roman mit Tendenzen zum Sachbuch. Das macht den Inhalt aber nicht weniger beklemmend. Ich kann sehr gut verstehen, warum das Buch in Südkorea Massenproteste auslöste.

    Gleich zu Beginn erlebt der Leser Jiyoungs seltsames Verhalten, der Rest des Buches führt dann in ihre Vergangenheit und erzählt von Kindheit und Jugend, der Schulzeit und dem Einstieg ins Berufsleben.

    Jiyoung führt ein Leben das von einer gesellschaftlich vorgegebenen Selbstaufgabe geprägt ist. Seit ihrer Geburt hatte sie sich den Männern in ihrem Umfeld unterzuordnen und ihr Leben so zu führen wie diese es von ihr erwarten. Als Kind wurden sie und ihre Schwester dem Bruder gegenüber benachteiligt, der stets besseres Essen erhielt und verwöhnt wurde, während die beiden Mädchen zurückstecken mussten um dem Bruder diese bevorzugte Behandlung zu ermöglichen. Im Studium lernt sie, dass sie zwar Studentenvereinigungen beitreten kann, aber nur um die männlichen Mitglieder zu unterhalten, bei Entscheidungen mitreden darf sie nicht. Wenn sie in der U-Bahn belästigt oder auf dem nächtlichen Nachhauseweg bedrängt wird, fragt der Vater zuerst, was sie falsch gemacht und ob sie das provoziert hat. Es sind viele kleine Stiche die Jiyoung täglich aushalten muss und die schließlich zu ihrer Psychose führen. Gerade, dass die Autorin mit Jiyoung den ganz normalen Durchschnitt zeigt macht das Buch umso stärker, denn es steht nicht für das Leben nur einer einzelnen sondern von tausenden Frauen, es zeigt was in einer ganzen Gesellschaft falsch läuft.

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  • 5 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Lesemaus 34, 09.03.2021

    Inhalt:
    Kim Jiyoung ist eine ganz normale Frau, die mit ihrem Kind und ihrem Mann zusammenlebt, doch eines Tages verändert sich ihre psychische Verfassung dramatisch. Sie spricht im Stile anderer Personen und scheint sich ihrer eigenen Identität nicht immer bewusst zu sein.
    Was mir ihr passiert ist... sie ist eine Frau und das reicht in einer der Ungleichheiten und wie das reicht.

    Meinung:
    Die koreanische Autorin schafft es auf bemerkenswerte Art und Weise uns Lesern und Leser*innen auf das Ungleichgewicht und die Diskriminierung der Unterschiede zwischen den Geschlechtern aufmerksam zu machen. Dabei wählt sie nie die ganz großen Szenen und Bilder, sondern schildert es so realistisch, wie es sich in der normalen Welt abspielt und leider immer noch genauso zuträgt. Die kleinen Alltagssituationen und Unterschiede sind es, die einem vor Augen führen, dass Frauen immer noch nicht gleichberechtigt sind und nach wie vor mit absolut unglaublichen Problemen deshalb zu kämpfen haben.

    Dabei ist es egal, dass dieses Buch in Korea spielt, denn die Grundthematik ist leider jeder Frau auf der ganzen Welt bekannt.

    Der Schreibstil der Autorin ist der Thematik angemessen, sie bringt keine große Emotionalität mit hinein, sondern legt einen sehr sachlichen und einfachen Schreibstil an den Tag, der aber genau das schafft was er soll, den Fokus auf das wirklich wichtige zu legen.
    Für mich ein absolut gelungenes und so wichtiges Buch, welches ich nur jedem ans Herz legen kann, weil es besser als jedes andere Buch auf die Probleme aufmerksam machen kann und dabei so unglaublich realistisch bleibt.
    Großartig, besonders das Ende, welches dem ein oder anderen Leser*inn den Spiegel vorhält!

    Lesen!

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  • 5 Sterne

    booklover2011, 12.05.2021 bei bewertet

    Eindrücklicher Einblick in das Leben einer Frau

    Triggerwarnung:
    Abtreibung, Depression, Diskriminierung, Mobbing, Sexismus, sexuelle Belästigung, Victim blaming (Opferbeschuldigung)

    Inhalt (dem Klappentext entnommen):
    Cho Nam-Joo hat mit ihrem Roman einen internationalen Bestseller geschrieben. Ihre minimalistische und doch messerscharfe Prosa hat nicht nur viele Leserinnen weltweit begeistert, sondern auch Massenproteste in Korea ausgelöst. In einer kleinen Wohnung am Rande der Metropole Seoul lebt Kim Jiyoung. Die Mittdreißigerin hat erst kürzlich ihren Job aufgegeben, um sich um ihr Baby zu kümmern – wie es von koreanischen Frauen erwartet wird. Doch schon bald zeigt sie seltsame Symptome: Jiyoungs Persönlichkeit scheint sich aufzuspalten, denn die schlüpft in die Rollen ihr bekannter Frauen. Als die Psychose sich verschlimmert, schickt sie ihr unglücklicher Ehemann zu einem Psychiater. Nüchtern erzählt eben dieser Psychiater Jiyoungs Leben nach, ein Leben bestimmt von Frustration und Unterwerfung. Ihr Verhalten wird stets von den männlichen Figuren um sie herum überwacht – von Grundschullehrern, die strenge Uniformen für Mädchen durchsetzen; von Arbeitskollegen, die eine versteckte Kamera in der Damentoilette installieren und die Fotos ins Internet stellen. In den Augen ihres Vaters ist es Jiyoung’s Schuld, dass Männer sie spät in der Nacht belästigen; in den Augen ihres Mannes ist es Jiyoung’s Pflicht, ihre Karriere aufzugeben, um sich um ihn und ihr Kind zu kümmern. »Kim Jiyoung, geboren 1982« zeigt das schmerzhaft gewöhnliche Leben einer Frau in Korea und gleichzeitig deckt es eine Alltagsmisogynie auf, die jeder Frau – egal, wo auf der Welt – nur allzu bekannt vorkommt.


    Meinung:
    Der bildhafte und fesselnde Schreibstil liest sich leicht und flüssig, die Seiten fliegen nur so dahin. Das Buch ist aus der Sicht des allwissenden Erzählers erzählt, erst am Ende erfährt man, dass ihr Psychiater über Jiyoungs Leben erzählt. Durch diesen Sichtwechsel besteht zwar Distanz zu den Charakteren, aber trotzdem kann man vor allem sehr gut mit Jiyoung mitfühlen, da sie im Mittelpunkt der Geschichte steht.

    Die Autorin zeigt durch Jiyoung und andere Frauen in der Geschichte auf, wie diese tagtäglich mit Vorurteilen, Geschlechterklischees, Sexismus, etc. konfrontiert werden. Bereits während der Schwangerschaft spielt das Geschlecht eine wichtige Rolle und Jungen bzw. Männer werden bevorzugt behandelt, was sich bis ins Arbeits- und Familienleben auswirkt. Vieles wird uns in Europa bekannt vorkommen, aber es gibt auch Einblicke in die südkoreanische Gesellschaft und Kultur. Das Ende zeigt nochmal eindrücklich die Doppelmoral in der Gesellschaft auf und dass es nicht ausreicht nur etwas zu wissen, sondern auch entsprechend zu handeln.

    Gerne hätte ich noch mehr über Jiyoungs Leben erfahren und auch wie es mit ihr weitergeht, aber das ist Meckern auf hohem Niveau und es geht vor allem um den wichtigen Inhalt des Buches, so dass es großartige 5 von 5 Sternen gibt und eine Leseempfehlung, wenn man sich für die oben genannten Themen interessiert.

    Fazit:
    Wichtiges und eindrückliches Buch über Frauenfeindlichkeit, Geschlechterungerechtigkeit, Sexismus und viele weitere wichtige Themen.

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